Datenschutz und die Macht des Faktischen

Die Welt ist digital, und man muss sich schon sehr tief in den Urwald zurückziehen, um einer Teilnahme an der digitalisierten Welt zu entgehen. Teilnahme bedeutet jedoch nicht durchweg auch Teilhabe, denn Menschen sind heute „Customer“ oder „User“.
Als Customer, also Kunden, zahlen wir mit harter Währung, egal ob EURO, Dollar oder Bitcoin. Zur weichen, oftmals unbemerkten Kasse werden wir aber in unserer Rolle als User (Benutzer) gebeten. Die Währung, die nicht nur soziale Netzwerke, sondern auch Suchmaschinen, Email-Versender, E-Learning-Anbieter oder Blogger von uns fordern, heisst Privatsphäre. Diese geben wir nämlich Stück für Stück auf, indem wir uns den Geschäftsbedingungen der Anbieter unterwerfen. Und besonders bei den auch in Deutschland dominierenden Diensten von US-amerikanischen Unternehmen ist uns die Kontrolle darüber, welche Daten wie oft in welchem Umfang von uns gesammelt werden, längst entglitten.

Der deutsche und europäische Gesetzgeber ist ständig bemüht, auch die Verbraucherrechte in der digitalen Welt zu reglementieren, so zum Beispiel mit der Verpflichtung für Dienstanbieter, von Verbrauchern eine Zustimmung zur Erhebung und Nutzung ihrer Daten durch das sogenannte Double-Opt-in einzuholen.

In jüngster Zeit ist aber zu beobachten, wie sich amerikanische Konzerne über dieses geltende Recht einfach hinweg setzen. Mit dem Argument ihrer Supranationalität begründen sie, dass unliebsame nationale Gesetze sie nichts angehen. Jüngstes Beispiel dafür ist Facebook mit seiner Tochterfirma WhatsApp. Im August wurden wir darüber in Kenntnis gesetzt, dass WhatsApp ab Ende September unsere privaten Daten an die Konzernmutter Facebook weitergeben wird. Vom User erforderte es ein aktives Opt-out, also einen Widerspruch, um dies zu beschränken.

Dagegen ging der in Deutschland zuständige Hamburger Datenschutzbeauftragte mit einer Einstweiligen Verfügung vor und untersagte WhatsApp die Weitergabe von Daten, weil dies gegen dass geltende Recht verstösst. Nun wehrt sich Facebook als Empfänger und Nutzniesser der Datensammlung gegen diese Anordnung vor Gericht und begründet seine Klage damit, dass die Sammlung und Nutzung der Daten schliesslich „zum Besten der User sei“. Wieder einmal stellt sich ein Datenkrake über souveränes staatliches Recht.

Ganz offenbar haben unsere staatlichen Institutionen die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit erreicht, weil die Internetunternehmen ihre Interessen mit der Macht des Faktischen durchsetzen. Hier bleibt nur ein einziger Ausweg, um die Privatsphäre zu schützen: sich abmelden und die betreffende App, hier also WhatsApp, löschen. Frei nach dem Motto: Ich bin dann mal weg…

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