Schon wieder WhatsApp: Daten sind nicht sicher

Zum zweiten Mal wird bekannt, dass WhatsApp ein öffentlich gegebenes Versprechen gebrochen hat. Die erst im letzten Jahr verkündete „Ende-zu-Ende-Verschlüsselung“ hat eine Hintertür zum Mitlesen.

Schon seit April 2016 besteht eine Hintertür

Tobias Boelter, ein Kryptographie-und Sicherheitsforscher an der University of California, Berkeley, hat bereits im April 2016 den Facebook-Konzern über seine Entdeckung informiert. Doch Facebook reagierte lässig: die Tatsache, dass eine Hintertür zum Mitlesen der Kommunikation zwischen WhatsApp-Usern bestehe, sei bekannt, und man werde sich auch nicht weiter damit beschäftigen.

The Guardian berichtet über Boelter´s Entdeckung

Die britische Tageszeitung The Guardian berichtet heute erstmals über die vom kalifornischen Sicherheitsforscher gemachte Entdeckung einer Sicherheitslücke beim Messenger WhatsApp. Zwar setze WhatsApp eine als sicher anerkannte Software namens Signal ein, um die erforderlichen Sicherheitsschlüssel für jeden Nutzer zu erzeugen. Jedoch hat die Firma die Möglichkeit, für ein abgeschaltetes Handy nachträglich neue Schlüssel zu generieren. Mit diesen, vom Nutzer unbemerkt ausgetauschten Schlüsseln kann der WhatsApp – Server nun alle gespeicherten Konversationen des Nutzers erneut und nunmehr auch für Dritte lesbar versenden, zum Beispiel an sich selbst oder eine Behörde.

Endgültiges Ende der Privatsphäre

WhatsApp hat nach eigenen Angaben mehr als eine Milliarde Nutzer weltweit. Da das besitzende Unternehmen Facebook dem US-amerikanischen Recht unterliegt, kann und wird es von einer Vielzahl amerikanischer Behörden dazu verpflichtet, diesen Behörden Zugang zu Benutzerdaten zu geben. In vielen Fällen darf das Unternehmen darüber noch nicht einmal sprechen, ohne sich strafbar zu machen. Mit der nun bekannt gewordenen Hintertür ist klar, dass jeder Nutzer von WhatsApp sich dem Risiko aussetzt, dass seine gesamte Kommunikation auch ohne begründeten Verdacht auf kriminelle Aktivitäten bei Facebook und/oder US-Agencies landet. Zum zweiten Mal kann die Konsequenz also nur lauten: Finger weg von WhatsApp.

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Die Welt hat den besten Ökonomen der Welt

Holger Zschäpitz, Redakteur der „Welt“, hat die Zauberformel für den EURO gefunden. Nach seiner Theorie könnte ein EURO bald weniger als einen EURO Wert sein.

Trump als Auslöser

Die Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika beflügelt die Phantasien unzähliger Journalisten. Besonders „Die Welt“ widmet diesen Spekulationen täglich mehrere Artikel. Einen neuen Höhepunkt erreicht die Zeitung in ihrer Ausgabe vom 16. November 2016.

Der Qualitätsjournalismus

Gute Ökonomen suchen sich einen Job in einem ThinkTank, bessere ergattern eine Stelle in einer grossen Bank. Die bisherige Spitze des wirtschaftswissenschaftlichen Know-How sammelte sich bei den Zentralbanken, allen voran bei der EZB. Das war bis gestern. Heute nun strahlt der hellste Ökonomenstern in der Redaktion der „Welt“. Holger Zschäpitz, der schon seit Jahren seine Berufung darin sieht, Unternehmen und deren Vorstände durch falsche oder mutwillig skandalisierende Artikel zu beschädigen, hatte seinen ersten wirklich guten Einfall. Man hatte eigentlich gehofft, dass er bei Springer´s Welt mehr Akkuratesse entfaltete. Aber Zschäpitz ist noch nicht da, wo er hin will. Also schreibt er jetzt über Trump und den EURO.

Zschäpitz nennt Täter und Opfer

In der Überschrift seines Artikels kommt der Auto gleich auf den Punkt: die „Deutsche Bank degradiert den EURO zum Schwächling“! Markige Worte, die Deutsche Bank ist ja ohnehin seit Monaten in der Presse ein beliebter Bösewicht. Nun also hat die Deutsche Bank derartige Muskeln entwickelt, dass sie eine ganze Währung „zum Schwächling degradieren“ kann. Tolle Wortwahl, aber was will Zschäpitz damit bewirken? Tatsächlich hat er sich an´s Telefon gehängt und kann nun die Experten der Deutschen Bank, Bloomberg, Societe Generale und Goldman Sachs zitieren, um irgendwie seine Argumentation belegen zu können. Aber warum schafft es, bei einheitlichem Expertentenor, nur die Deutsche Bank in die blutrünstige Überschrift?

Der Geniestreich

Dass die europäische Gemeinschaftswährung seit der Finanzkrise einige Schwierigkeiten hat, dürfte bekannt sein. Die EZB druckt Geld, indem sie monatlich Milliarden für Anleihekäufe einsetzt. Ziel der EZB ist es, die Kreditvergabe und damit die Preissteigerungsrate (vulgo: Inflation) zu erhöhen. Zschäpitz nun schafft das mit einem simplen Trick: Donald Trump wird dafür sorgen, dass „der EURO schon bald weniger als einen EURO wert sein dürfte“ (Konjunktiv, beliebtes Stilmittel dieser Art von Unverbindlichkeitsjournalismus). Es wird also der Tag kommen, an dem zwei Münzen zu je einem EURO vor Ihnen liegen, und die eine Münze ist mehr wert als die andere. Wenn Sie damit dann Schwierigkeiten haben sollten, rufen Sie einfach in der Wirtschaftsredaktion der Welt an und fragen nach dem Chef.

P.S.: Es ist denkbar, dass Zschäpitz seinen Artikel noch einmal umschreibt. Aus diesem Grund habe ich ein Foto von der Originaleinleitung gemacht und diesem Blogpost vorangestellt. Ein Dokument der Zeitgeschichte.

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Chronik eines angekündigten Todes : eine Fake-Story im manager magazin

Das manager Magazin geht auf ein Unternehmen und dessen Vorstand Stefan Domeyer los. Dabei dokumentiert es den Beginn seiner eigenen „Chronik eines angekündigten Todes“.

„Die lange Geschichte eines Unternehmens, das die Internet-Technik revolutionieren wollte.“ So beginnt der mehrseitige Artikel von Clemens von Frentz  im manager magazin, Ausgabe vom Mai 2001. Das mag zwar lange her sein, aber in einer Email vom November 2016 teilt Sven Oliver Clausen, stellvertretender Chefredakteur der manager magazin Verlagsgesellschaft mbH, mit, dass der Artikel „von uns zulässiger Weise in unser Onlinearchiv eingestellt ist und dort dauerhaft unverändert zum Abruf bereitgehalten werden darf“. Damit erhält eine alte, schon damals mehr als fragwürdige Story wegen der Clickbedürfnisse des zum SPIEGEL gehörenden Blattes aktuelle Relevanz.

Auf den ersten Blick bemerkenswert ist der Gegensatz, mit dem Autor Clemens von Franz an seine Aufgabe, ein Stück zu schreiben, herangeht. Für den Inhalt bemüht er seine reichlich vorhandene Phantasie, ohne sich um Fakten zu bemühen. Für die Überschrift aber muss es Hardcore sein, und dafür muss er ein Plagiat wagen. Der Titel „Chronik eines angekündigten Todes“ ist nämlich bereits 1981 aus dem literarischen Hirn des kolumbianischen Schriftstellers Gabriel García Márquez entstanden. Schon mit den ersten Buchstaben, die von Frentz in seinen Redaktions-PC eingibt, legt er also einen Autoren-Offenbarungseid ab.

Welche Genugtuung schöpft von Frantz daraus, im zweiten Absatz in epischer Breite das aktuelle und ehemalige Jahres“salär“ des Vorstandes Stefan Domeyer darzustellen? Das Wort Gehalt hätte es wohl auch getan, wobei die Frage bleibt, inwieweit dieses eine für den verständigen Leser einer Manager-Fachzeitschrift interessierende Information darstellt. Vielleicht will von Frentz auch nur von Beginn an klar machen, dass hier eine persönliche Abrechnung kommen soll.

Sodann beschäftigt er sich damit, wieviele Aktien der Vorstand Stefan Domeyer wann besitzt, und stellt die Behauptung auf, diese Zahlen seien „Makulatur, da Domeyer mehrere Verkäufe tätigt“. Damals wie heute eine unwahre Tatsachenbehauptung, da Domeyer keine Aktien verkauft hat. Es reicht von Frentz aber aus, Vermutungen und Unwahrheiten als Fakten auszugeben, solange ein auflagenstarker Verlag hinter ihm steht.

Unter der Überschrift „Erster Ärger“ verkauft von Frentz als nächstes die Nachricht, dass die Schutzgemeinschaft der Kleinanleger, namentlich Marcus Straub, Vorwürfe gegen das Metabox-Management erhoben habe, der Vorstand habe seine Halteverpflichtungen verletzt und Aktien verkauft. Wieder eine falsche Tatsachenbehauptung, kein einziger Vorstand hat auch nur eine einzige Aktie verkauft. Einzig der benannte Marcus Straub wurde später wegen Insiderhandels und Frontrunnings verurteilt.

Danach knöpft sich von Frentz einen Journalistenkollegen vor. Die „Schumacher-Affäre“ klingt toll nach Geheimnissen und Kriminalität. Tatsache ist, dass Manfred Schumacher, damals stellvertretender Chefredakteur von Focus Money, bereits vor seiner Berufung Aufsichtsrat bei Metabox gewesen ist. Seine Ehefrau ist an einer PR-Agentur beteiligt, die unter anderem Metabox beraten hat. Eine „Affäre“ wäre es gewesen, wenn Focus Money bei jeder Gelegenheit positiv über Metabox berichtet hätte. Schade, diese gute Presse hatten wir leider nie. Aber Manfred Schumacher hat der Artikel im manager magazin den Job gekostet. Glückwunsch nach Hamburg!

Als nächstes bekommt ein ausgedienter Börsenguru seine Plattform: Hans Bernecker hatte sich im Sender n-tv über diverse Technologieunternehmen, deren Tätigkeiten der alte Herr einfach nicht verstehen konnte, mehr als nachteilig geäussert. Die Replik von Metabox-Vorstand Stefan Domeyer in einem Brief an seine Aktionäre dient von Frentz für das einzige korrekte Zitat innerhalb seines Artikels, jedoch nicht, ohne anzumerken, dass „Bernecker in allen Punkten recht behalten solle.“ Dies ist zwar komplett falsch, aber … siehe oben.

Weiter geht es, indem ein weiterer „Experte“ zitiert wird: „… dass auch ohne detaillierte Informationen aus dem Management zu erkennen sei, wie schlecht Metabox auf dem Markt für digitales interaktives Fernsehen positioniert ist.“ Zur Klarstellung; Metabox war das einzige Unternehmen, das die Potentiale des für uns heute selbstverständlichen interaktiven TV bereits im Jahr 1998 erkannt und durch eigene Entwicklungsarbeit umgesetzt hat. Aber das wusste von Frentz natürlich nicht. Wäre auch zu mühevoll gewesen, sich damit auseinander zu setzen.

Er schreibt weiter: „Auch das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel meldet sich zu Wort.“ Stimmt mal wieder nicht, denn er selbst hatte dort angerufen und versucht, beim heutigen BaFin irgendetwas zu erfahren, das seiner Story helfen könnte.

Der nächste Versuch, Fakten zu präsentieren, besteht darin, das eigene Blatt zu zitieren: „Interaktives Fernsehen, bei dem die Zuschauer mit dem Sender kommunizieren können, wird nur in wenigen Teilen Deutschlands angeboten.“ Wie dumm und falsch: das BOT-Signal von Metabox wurde im Signal von n-tv deutschlandweit verteilt, und Internetzugang gab es ebenfalls überall. Von Frentz offenbart erneut sein erbärmliches Faktenwissen.

Er wirft dem Unternehmen und namentlich Stefan Domeyer weiter vor, „die Namen dieser angeblichen Kunden will er aber auch weiterhin nicht nennen.“ Lieber Herr Journalist, kennen Sie den Unterschied zwischen Singular und Plural? Es wurden stets alle Namen von allen Kunden und Geschäftspartnern benannt, bis auf einen, allerdings sehr wichtigen Fall. Das Unternehmen AMPA aus Israel, mit dem Metabox eine für seine Zukunft sehr wichtige Vereinbarung getroffen hatte, bestand darauf, diese Vereinbarung selbst zu veröffentlichen, und verpflichtete Metabox dazu, seinen Namen nicht zu veröffentlichen. Ein Verstoss gegen diese Verpflichtung hätte dazu geführt, dass AMPA vom Vertrag hätte zurücktreten können. Also entschied sich Metabox, vertreten durch Stefan Domeyer, nach eingehender Beratung auch mit den Juristen des Unternehmens, den Namen AMPA nicht zu nennen, um die Geschäftsbeziehung nicht zu gefährden. Über den Vorgang als solchen allerdings machte Metabox eine Pflichtmitteilung, da die Gefahr von Insidergeschäften bestand und die gesetzlichen Bestimmungen dieser Gefahr vorbeugen wollten.

Zu dieser Zeit hatte die Stimmungsmache von Spiegel und manager magazin bereits dazu geführt, dass Metabox in der Öffentlichkeit heftig diskutiert wurde. Bei einem nächsten Abschluss (UK) sprach der Vorstand also zunächst mit dem BaFin und legt vor der Pflichtmitteilung dem Amt alle diesbezüglichen Unterlagen vor. Doch wieder war es nicht recht: das BaFin untersagte Wochen später der Metabox AG, öffentlich auf die Vorlage dieser Dokumente hinzuweisen. Es war zwar alles so geschehen und eng abgestimmt gewesen, aber die Angst vor der Presse brachte auch Beamte dazu, in Deckung zu gehen. Wasser auf die Mühlen des von Frentz.

Der Artikel geht in dieser Machart noch seitenweise so weiter. Ich erlaube mir aber bereits an dieser Stelle ein Fazit: eingeläutet wurde hier die Chronik eines angekündigten Todes, jedoch nicht der von Metabox, sondern der von unseriösen Medien wie Spiegel und manager magazin.

Wie komme ich auf diese Einschätzung? Die Medien insgesamt haben seit Jahren ein Glaubwürdigkeitsproblem, verbunden mit sinkenden Auflagen und Umsätzen. Der Grund hierfür liegt in den meisten Fällen darin, dass wie hier geschildert unter Verstoss gegen den Pressekodex des Deutschen Presserates Artikel aus reiner Sensationslust veröffentlicht werden, ohne dass belastbare Fakten recherchiert und im Text verarbeitet werden.

Die Schwäche dieser Old-Economy-Medien führt zu einer sich selbst beschleunigenden Abwärtsspirale: schlechte Artikel wie der hier geschilderte verärgern Leser und kosten Glaubwürdigkeit. Auflagen sinken, der Umsatz geht zurück, es wird zuerst an der Redaktion gespart.

Und damit sind wir bei der interessanten Frage, wer sich hier eigentlich mit einer technisch und wirtschaftlich durchaus komplexen Materie auseinander gesetzt hat. Und man bekommt eine Idee, warum dies schief gehen musste. Clemens von Frentz ist keinesfalls, wie man es für einen Wirtschaftsjournalisten annehmen würde, Diplomkaufmann oder wenigstens gelernter Industriekaufmann. Nein, weit gefehlt: Clemens von Frentz ist diplomierter Holzfachwirt. Er hat, ausweislich seines Profils im Fachdienst Kress, einen Karriere wie eine Achterbahnfahrt hinter sich. Statt aus seinem Studienabschluss etwas vernünftiges zu machen, geht er zu Gruner + Jahr, um seinen Namen unter Artikeln in Publikumszeitschriften zu sehen. Steil bergauf geht es danach: Chef vom Dienst (also Nachtarbeiter) beim manager magazin. Heute gibt er als Position an „Stellvertretender Chefredakteur“ einer Firma namens Druck & Medien. Unter Qualifikation steht bei Kress „Hamburger Presseclub“ und „Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten“. Das wird wohl kaum für eine Stelle im echten Newsbusiness reichen.

Aber wer den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht, hat als Holzfachwirt wohl auch schlechte Karten. Da wird man lieber Journalist und verdient sein Geld mit der medialen Vernichtung anderer, die wirklich hart und ehrlich an ihrer Aufgabe arbeiten.

Die Lichter werden absehbar ausgehen für Medien dieser Qualität, und um mit einem ehemaligen Berliner Bürgermeister zu sprechen: „Das ist auch gut so!“

 

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Wintereinbruch in Norddeutschland: immer wieder überraschend

Wir schreiben den 8. November 2016. Seit mindestens vier Tagen erklären uns die Wetterfrösche im gebührenfinanzierten Fernsehen, dass nun der Winter „auch in die tiefen Lagen“ kommen werde. Heute morgen ist es dann passiert: der nervige Dauerregen ging in Schnee über, bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt. Und schon sind sie wieder da, die Schlagzeilen vom „Wintereinbruch“ und vom „Verkehrschaos“. Auf unserer kleinen Stadtautobahn gab es gleich erstmal einen Unfall, wahrscheinlich weil ein gründlich gewarnter Autofahrer sein Tempo auf solide 50 km/h justiert hat. Wer dann dahinter bei Regentempo unterwegs war, durfte sich schon mal für eine Vollbremsung bereit machen.

Warum eigentlich bricht immer gleich die Panik in Norddeutschland aus, wenn das bisschen Winter seinen Weg zu uns findet. Die Norweger und Schweden würden sich darüber kaputt lachen. Und lachen dürften auch die Reifenhändler, auf deren Hof und in den Hotlines sich jetzt wieder überraschte Autobesitzer für Winterreifen in die Schlange stellen. Dabei ist es doch nicht anders als in allen Jahren zuvor, und die Umstellung auf die Winterzeit haben wir ja auch geschafft. Deutschlands Autofahrer lieben halt die Panik rund um den Wintereinbruch.

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Datenschutz und die Macht des Faktischen

Die Welt ist digital, und man muss sich schon sehr tief in den Urwald zurückziehen, um einer Teilnahme an der digitalisierten Welt zu entgehen. Teilnahme bedeutet jedoch nicht durchweg auch Teilhabe, denn Menschen sind heute „Customer“ oder „User“.
Als Customer, also Kunden, zahlen wir mit harter Währung, egal ob EURO, Dollar oder Bitcoin. Zur weichen, oftmals unbemerkten Kasse werden wir aber in unserer Rolle als User (Benutzer) gebeten. Die Währung, die nicht nur soziale Netzwerke, sondern auch Suchmaschinen, Email-Versender, E-Learning-Anbieter oder Blogger von uns fordern, heisst Privatsphäre. Diese geben wir nämlich Stück für Stück auf, indem wir uns den Geschäftsbedingungen der Anbieter unterwerfen. Und besonders bei den auch in Deutschland dominierenden Diensten von US-amerikanischen Unternehmen ist uns die Kontrolle darüber, welche Daten wie oft in welchem Umfang von uns gesammelt werden, längst entglitten.

Der deutsche und europäische Gesetzgeber ist ständig bemüht, auch die Verbraucherrechte in der digitalen Welt zu reglementieren, so zum Beispiel mit der Verpflichtung für Dienstanbieter, von Verbrauchern eine Zustimmung zur Erhebung und Nutzung ihrer Daten durch das sogenannte Double-Opt-in einzuholen.

In jüngster Zeit ist aber zu beobachten, wie sich amerikanische Konzerne über dieses geltende Recht einfach hinweg setzen. Mit dem Argument ihrer Supranationalität begründen sie, dass unliebsame nationale Gesetze sie nichts angehen. Jüngstes Beispiel dafür ist Facebook mit seiner Tochterfirma WhatsApp. Im August wurden wir darüber in Kenntnis gesetzt, dass WhatsApp ab Ende September unsere privaten Daten an die Konzernmutter Facebook weitergeben wird. Vom User erforderte es ein aktives Opt-out, also einen Widerspruch, um dies zu beschränken.

Dagegen ging der in Deutschland zuständige Hamburger Datenschutzbeauftragte mit einer Einstweiligen Verfügung vor und untersagte WhatsApp die Weitergabe von Daten, weil dies gegen dass geltende Recht verstösst. Nun wehrt sich Facebook als Empfänger und Nutzniesser der Datensammlung gegen diese Anordnung vor Gericht und begründet seine Klage damit, dass die Sammlung und Nutzung der Daten schliesslich „zum Besten der User sei“. Wieder einmal stellt sich ein Datenkrake über souveränes staatliches Recht.

Ganz offenbar haben unsere staatlichen Institutionen die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit erreicht, weil die Internetunternehmen ihre Interessen mit der Macht des Faktischen durchsetzen. Hier bleibt nur ein einziger Ausweg, um die Privatsphäre zu schützen: sich abmelden und die betreffende App, hier also WhatsApp, löschen. Frei nach dem Motto: Ich bin dann mal weg…

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