Chronik eines angekündigten Todes : eine Fake-Story im manager magazin

Das manager Magazin geht auf ein Unternehmen und dessen Vorstand Stefan Domeyer los. Dabei dokumentiert es den Beginn seiner eigenen „Chronik eines angekündigten Todes“.

„Die lange Geschichte eines Unternehmens, das die Internet-Technik revolutionieren wollte.“ So beginnt der mehrseitige Artikel von Clemens von Frentz  im manager magazin, Ausgabe vom Mai 2001. Das mag zwar lange her sein, aber in einer Email vom November 2016 teilt Sven Oliver Clausen, stellvertretender Chefredakteur der manager magazin Verlagsgesellschaft mbH, mit, dass der Artikel „von uns zulässiger Weise in unser Onlinearchiv eingestellt ist und dort dauerhaft unverändert zum Abruf bereitgehalten werden darf“. Damit erhält eine alte, schon damals mehr als fragwürdige Story wegen der Clickbedürfnisse des zum SPIEGEL gehörenden Blattes aktuelle Relevanz.

Auf den ersten Blick bemerkenswert ist der Gegensatz, mit dem Autor Clemens von Franz an seine Aufgabe, ein Stück zu schreiben, herangeht. Für den Inhalt bemüht er seine reichlich vorhandene Phantasie, ohne sich um Fakten zu bemühen. Für die Überschrift aber muss es Hardcore sein, und dafür muss er ein Plagiat wagen. Der Titel „Chronik eines angekündigten Todes“ ist nämlich bereits 1981 aus dem literarischen Hirn des kolumbianischen Schriftstellers Gabriel García Márquez entstanden. Schon mit den ersten Buchstaben, die von Frentz in seinen Redaktions-PC eingibt, legt er also einen Autoren-Offenbarungseid ab.

Welche Genugtuung schöpft von Frantz daraus, im zweiten Absatz in epischer Breite das aktuelle und ehemalige Jahres“salär“ des Vorstandes Stefan Domeyer darzustellen? Das Wort Gehalt hätte es wohl auch getan, wobei die Frage bleibt, inwieweit dieses eine für den verständigen Leser einer Manager-Fachzeitschrift interessierende Information darstellt. Vielleicht will von Frentz auch nur von Beginn an klar machen, dass hier eine persönliche Abrechnung kommen soll.

Sodann beschäftigt er sich damit, wieviele Aktien der Vorstand Stefan Domeyer wann besitzt, und stellt die Behauptung auf, diese Zahlen seien „Makulatur, da Domeyer mehrere Verkäufe tätigt“. Damals wie heute eine unwahre Tatsachenbehauptung, da Domeyer keine Aktien verkauft hat. Es reicht von Frentz aber aus, Vermutungen und Unwahrheiten als Fakten auszugeben, solange ein auflagenstarker Verlag hinter ihm steht.

Unter der Überschrift „Erster Ärger“ verkauft von Frentz als nächstes die Nachricht, dass die Schutzgemeinschaft der Kleinanleger, namentlich Marcus Straub, Vorwürfe gegen das Metabox-Management erhoben habe, der Vorstand habe seine Halteverpflichtungen verletzt und Aktien verkauft. Wieder eine falsche Tatsachenbehauptung, kein einziger Vorstand hat auch nur eine einzige Aktie verkauft. Einzig der benannte Marcus Straub wurde später wegen Insiderhandels und Frontrunnings verurteilt.

Danach knöpft sich von Frentz einen Journalistenkollegen vor. Die „Schumacher-Affäre“ klingt toll nach Geheimnissen und Kriminalität. Tatsache ist, dass Manfred Schumacher, damals stellvertretender Chefredakteur von Focus Money, bereits vor seiner Berufung Aufsichtsrat bei Metabox gewesen ist. Seine Ehefrau ist an einer PR-Agentur beteiligt, die unter anderem Metabox beraten hat. Eine „Affäre“ wäre es gewesen, wenn Focus Money bei jeder Gelegenheit positiv über Metabox berichtet hätte. Schade, diese gute Presse hatten wir leider nie. Aber Manfred Schumacher hat der Artikel im manager magazin den Job gekostet. Glückwunsch nach Hamburg!

Als nächstes bekommt ein ausgedienter Börsenguru seine Plattform: Hans Bernecker hatte sich im Sender n-tv über diverse Technologieunternehmen, deren Tätigkeiten der alte Herr einfach nicht verstehen konnte, mehr als nachteilig geäussert. Die Replik von Metabox-Vorstand Stefan Domeyer in einem Brief an seine Aktionäre dient von Frentz für das einzige korrekte Zitat innerhalb seines Artikels, jedoch nicht, ohne anzumerken, dass „Bernecker in allen Punkten recht behalten solle.“ Dies ist zwar komplett falsch, aber … siehe oben.

Weiter geht es, indem ein weiterer „Experte“ zitiert wird: „… dass auch ohne detaillierte Informationen aus dem Management zu erkennen sei, wie schlecht Metabox auf dem Markt für digitales interaktives Fernsehen positioniert ist.“ Zur Klarstellung; Metabox war das einzige Unternehmen, das die Potentiale des für uns heute selbstverständlichen interaktiven TV bereits im Jahr 1998 erkannt und durch eigene Entwicklungsarbeit umgesetzt hat. Aber das wusste von Frentz natürlich nicht. Wäre auch zu mühevoll gewesen, sich damit auseinander zu setzen.

Er schreibt weiter: „Auch das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel meldet sich zu Wort.“ Stimmt mal wieder nicht, denn er selbst hatte dort angerufen und versucht, beim heutigen BaFin irgendetwas zu erfahren, das seiner Story helfen könnte.

Der nächste Versuch, Fakten zu präsentieren, besteht darin, das eigene Blatt zu zitieren: „Interaktives Fernsehen, bei dem die Zuschauer mit dem Sender kommunizieren können, wird nur in wenigen Teilen Deutschlands angeboten.“ Wie dumm und falsch: das BOT-Signal von Metabox wurde im Signal von n-tv deutschlandweit verteilt, und Internetzugang gab es ebenfalls überall. Von Frentz offenbart erneut sein erbärmliches Faktenwissen.

Er wirft dem Unternehmen und namentlich Stefan Domeyer weiter vor, „die Namen dieser angeblichen Kunden will er aber auch weiterhin nicht nennen.“ Lieber Herr Journalist, kennen Sie den Unterschied zwischen Singular und Plural? Es wurden stets alle Namen von allen Kunden und Geschäftspartnern benannt, bis auf einen, allerdings sehr wichtigen Fall. Das Unternehmen AMPA aus Israel, mit dem Metabox eine für seine Zukunft sehr wichtige Vereinbarung getroffen hatte, bestand darauf, diese Vereinbarung selbst zu veröffentlichen, und verpflichtete Metabox dazu, seinen Namen nicht zu veröffentlichen. Ein Verstoss gegen diese Verpflichtung hätte dazu geführt, dass AMPA vom Vertrag hätte zurücktreten können. Also entschied sich Metabox, vertreten durch Stefan Domeyer, nach eingehender Beratung auch mit den Juristen des Unternehmens, den Namen AMPA nicht zu nennen, um die Geschäftsbeziehung nicht zu gefährden. Über den Vorgang als solchen allerdings machte Metabox eine Pflichtmitteilung, da die Gefahr von Insidergeschäften bestand und die gesetzlichen Bestimmungen dieser Gefahr vorbeugen wollten.

Zu dieser Zeit hatte die Stimmungsmache von Spiegel und manager magazin bereits dazu geführt, dass Metabox in der Öffentlichkeit heftig diskutiert wurde. Bei einem nächsten Abschluss (UK) sprach der Vorstand also zunächst mit dem BaFin und legt vor der Pflichtmitteilung dem Amt alle diesbezüglichen Unterlagen vor. Doch wieder war es nicht recht: das BaFin untersagte Wochen später der Metabox AG, öffentlich auf die Vorlage dieser Dokumente hinzuweisen. Es war zwar alles so geschehen und eng abgestimmt gewesen, aber die Angst vor der Presse brachte auch Beamte dazu, in Deckung zu gehen. Wasser auf die Mühlen des von Frentz.

Der Artikel geht in dieser Machart noch seitenweise so weiter. Ich erlaube mir aber bereits an dieser Stelle ein Fazit: eingeläutet wurde hier die Chronik eines angekündigten Todes, jedoch nicht der von Metabox, sondern der von unseriösen Medien wie Spiegel und manager magazin.

Wie komme ich auf diese Einschätzung? Die Medien insgesamt haben seit Jahren ein Glaubwürdigkeitsproblem, verbunden mit sinkenden Auflagen und Umsätzen. Der Grund hierfür liegt in den meisten Fällen darin, dass wie hier geschildert unter Verstoss gegen den Pressekodex des Deutschen Presserates Artikel aus reiner Sensationslust veröffentlicht werden, ohne dass belastbare Fakten recherchiert und im Text verarbeitet werden.

Die Schwäche dieser Old-Economy-Medien führt zu einer sich selbst beschleunigenden Abwärtsspirale: schlechte Artikel wie der hier geschilderte verärgern Leser und kosten Glaubwürdigkeit. Auflagen sinken, der Umsatz geht zurück, es wird zuerst an der Redaktion gespart.

Und damit sind wir bei der interessanten Frage, wer sich hier eigentlich mit einer technisch und wirtschaftlich durchaus komplexen Materie auseinander gesetzt hat. Und man bekommt eine Idee, warum dies schief gehen musste. Clemens von Frentz ist keinesfalls, wie man es für einen Wirtschaftsjournalisten annehmen würde, Diplomkaufmann oder wenigstens gelernter Industriekaufmann. Nein, weit gefehlt: Clemens von Frentz ist diplomierter Holzfachwirt. Er hat, ausweislich seines Profils im Fachdienst Kress, einen Karriere wie eine Achterbahnfahrt hinter sich. Statt aus seinem Studienabschluss etwas vernünftiges zu machen, geht er zu Gruner + Jahr, um seinen Namen unter Artikeln in Publikumszeitschriften zu sehen. Steil bergauf geht es danach: Chef vom Dienst (also Nachtarbeiter) beim manager magazin. Heute gibt er als Position an „Stellvertretender Chefredakteur“ einer Firma namens Druck & Medien. Unter Qualifikation steht bei Kress „Hamburger Presseclub“ und „Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten“. Das wird wohl kaum für eine Stelle im echten Newsbusiness reichen.

Aber wer den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht, hat als Holzfachwirt wohl auch schlechte Karten. Da wird man lieber Journalist und verdient sein Geld mit der medialen Vernichtung anderer, die wirklich hart und ehrlich an ihrer Aufgabe arbeiten.

Die Lichter werden absehbar ausgehen für Medien dieser Qualität, und um mit einem ehemaligen Berliner Bürgermeister zu sprechen: „Das ist auch gut so!“

 

Facebooktwitterredditpinterestlinkedinmail